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Mechanismen der medialen Skandalisierung: Wann wird eine Krise zum Skandal?

Nicht jede Krise wird zum Skandal – doch bestimmte Faktoren erhöhen das Risiko deutlich. Wann wird aus einem Problem eine Krise – und wann aus einer Krise ein Skandal?

Warum Skandale nicht einfach „passieren“

Die Wahrscheinlichkeit einer medialen Skandalisierung hängt nicht vom Zufall ab: Interne und externe Skandalfaktoren geben stichhaltige Hinweise darauf, wie groß das Risiko ist, dass ein Vorfall öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht – und zur Belastungsprobe für die Reputation wird.

Oft treffen mehrere Faktoren zusammen: Fehlverhalten, verspätetes Handeln und eine sich beschleunigende Empörungsdynamik in Medien und Öffentlichkeit.

Ein prägnantes Beispiel ist der Wirecard-Skandal. Was als Fragezeichen in einer Finanzbilanz begann, entwickelte sich innerhalb weniger Monate zu einem der größten Wirtschaftsskandale Europas. Interne Unregelmäßigkeiten, späte Reaktionen und das Zusammenspiel von Medien, Aufsicht und Politik führten zu einer Dynamik, die sich kaum noch kontrollieren ließ. Der Fall zeigt eindrücklich, wie interne Fehler und externe Verstärkungsmechanismen zusammenwirken und eine Krise zur öffentlichen Affäre werden lassen.

Interne und externe Skandalfaktoren

Der Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger hat gezeigt, dass Skandale bestimmten Mustern folgen. Sie werden durch spezifische Mechanismen in der Berichterstattung und öffentlichen Wahrnehmung verstärkt und zugespitzt. Erfolgreiche Krisenkommunikation nimmt diese Faktoren gezielt auf, um sie kommunikativ zu entschärfen und die öffentliche Wahrnehmung zu steuern.

Das Zusammenspiel dieser internen und externen Skandalfaktoren entscheidet maßgeblich darüber, wie Medien und Öffentlichkeit eine Situation bewerten – und ob eine Krise kontrollierbar bleibt – oder zu einem öffentlichen Skandal eskaliert:

Interne Skandalfaktoren

Interne Faktoren hängen direkt mit dem Verhalten und den Entscheidungen innerhalb einer Organisation zusammen. Sie bestimmen, ob ein Vorfall als vermeidbarer Fehler oder als schuldhaftes Handeln wahrgenommen wird.

  • Schuld: Lässt sich das Problem als schuldhaftes Verhalten von Personen oder Organisationen darstellen?

  • Alternativen: Hätte man auch anders entscheiden können?

  • Niedere Motive: Wurden negative Folgen bewusst in Kauf genommen?

  • Eigennutz: Haben sich handelnde Personen über Regeln hinweggesetzt?

  • Folgenschwere:Sind erhebliche, vermeidbare Schäden entstanden?

Externe Skandalfaktoren

Externe Faktoren verstärken die öffentliche Dynamik zusätzlich. Sie wirken auf Medien, Öffentlichkeit und Interessengruppen ein, können eine breite Diskussion auslösen und einem Ereignis Symbolkraft verleihen: Ein einzelner Fall steht plötzlich für ein größeres gesellschaftliches Problem.

  • Interessen: Greifen weitere Institutionen oder politische Akteure das Thema auf?

  • Empörung: Fordern Öffentlichkeit oder Interessengruppen spürbar Konsequenzen?

  • Dynamik: Wird eine breite, crossmediale Diskussion ausgelöst?

  • NGOs:Instrumentalisieren Organisationen oder Verbände das Thema für eigene Zwecke?

Faktoren medialer SkandalisierungBedeutung für die Krisenkommunikation

Je mehr interne und externe Faktoren zusammenwirken, desto größer ist das Risiko einer medialen Eskalation – mit potenziell nachhaltigem Reputationsschaden.

Diese Dynamiken wirken heute besonders stark, weil soziale Medien Personalisierung, Moralisierung und Dramatisierung in Echtzeit vervielfachen. Daraus entsteht eine „Empörungsökonomie“, in der Skandale zwar oft schnell wieder abklingen, manche jedoch langfristig in Erinnerung bleiben – wie Dieselgate/VW oder Wirecard.

Professionelles Krisenmanagement muss deshalb nicht nur die Faktenlage im Blick haben, sondern auch die Mechanismen, die eine Krise verstärken können.

Strategische Krisenkommunikation zielt darauf ab, diese Faktoren frühzeitig zu erkennen und aktiv zu entschärfen – nur so lässt sich verhindern, dass ein Problem die Schwelle zum Skandal überschreitet.

Fazit

Mediale Skandalisierung folgt klaren Mustern: Sie entsteht nicht zufällig, sondern durch das Zusammenspiel interner und externer Faktoren. In der Regel kommen mehrere Bedingungen zusammen, die über die öffentliche Dimension einer Krise entscheiden – etwa Fehlverhalten, verspätetes Handeln oder die Empörungsdynamik in Medien und sozialen Netzwerken. Je stärker diese Faktoren ausgeprägt sind, desto höher ist das Risiko einer medialen Eskalation.

Wenn diese Mechanismen erkannt und in die Krisenkommunikation einbezogen werden, können Risiken frühzeitig minimiert und Reputation geschützt werden.

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Autor:in

Sinje Patron

Sinje Patron ist Expertin für Krisenkommunikation & Krisenprävention mit umfangreicher Expertise in der Entwicklung und Umsetzung wirkungsvoller Kommunikationsstrategien. Sie unterstützt Unternehmen und Organisationen dabei, auch in herausfordernden Situationen klar, souverän und wirkungsvoll zu kommunizieren. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung präziser Botschaften, der Steuerung sensibler Kommunikationsprozesse sowie der Konzeption von Krisenhandbüchern und szenariobasierten Krisenstabsübungen.

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